Ägyptische Wüstenfische
Nilbarsch, Tigerfisch und Wels im Nasser-Stausee.
Da, da und da!", sagte der Guide mit verhaltener
Stimme und zeigte dabei auf Nilbarsche, die meinen Atem stocken ließen.
Fische, so groß wie Reisekoffer, flösselten keinen Meter vom
Steilufer entfernt gemächlich im gleißenden Sonnenlicht. Ganz
so, als schienen sie ihr Leben im Nasser-Stausee zu genießen. |
Unser Guide Rambo steuerte die Sotek mit bemerkenswert
viel Schwung das steinige Ufer der Halbinsel hinauf. Das laute Knirschen
und Krachen, das der stählerne Rumpf der „Krokodilgott„ dabei verursachte,
kommentierte Rambo in flüssigem Deutsch: „Macht nix. Der Barsch ist auf
der anderen Seite. Dort wo der Wind ist", sagte der stämmige Nubier.
Den Wind also immer im Gesicht. Das kannten wir – Willi und ich - vom Fischen
daheim, und so stapften wir denn voller Erwartung über Geröll und lockere
Sandsteinplatten die Anhöhe hinauf. |
Oben angekommen, folgte dann mein Blick Rambos ausgestrecktem
Arm in die Tiefe: „Da, da und da!„, sagte er mit verhaltener Stimme und
zeigte dabei auf Nilbarsche, die meinen Atem stocken ließen. Fische, so
groß wie Reisekoffer, flösselten keinen Meter vom Steilufer entfernt gemächlich
im gleißenden Sonnenlicht. Ganz so, als schienen sie ihr Leben im Nasser-Stausee
zu genießen. |
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„Vorsicht!„, rief Rambo mir noch zu, aber da war es schon
passiert: Ich wollte den Abhang hinunter, um in Wurfposition zu kommen.
Doch dabei hatte ich eine der tückisch lockeren Sandsteinplatten losgetreten
und eine kleine Lawine ausgelöst, die nach unten polterte und zehn Meter
tiefer ins Wasser klatsche. |
– Außer einigen Abschürfungen war mir zwar nichts passiert,
aber von sich sonnenden ´Samsonites` war natürlich keine Spur mehr. „Ja„,
sagte Rambo nach einer Schrecksekunde. „die Barsche sind scheu!„. - Kein
Wunder: Seit pharaonischen Zeiten, seit mehr als 5000 Jahren, werden sie
in Nil befischt. Und dass der kaum 40 Jahre alte Stausee ihnen auf tausenden
Quadratkilometern einen nahezu unberührten neuen Lebensraum bietet, hat
an ihren Instinkten nichts geändert. |
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Die kleine Lektion, des ersten Tages hatte ich schnell verinnerlicht:
Ob mit Fliegenrute, Gummifisch oder Wobbler: auf den Untergrund achten,
sich anschleichen und den Fisch nicht überwerfen, heißt das oberste Gebot
beim Uferfischen. Und Fische fangend an Ufern entlang zu schleichen, die
beim Aufstauen des Sees aus einstigen Wadis, Täler, Schluchten, Hügeln und
Kuppen entstanden sind, war während der einwöchigen Boots-Safari auch das
größte Vergnügen von Willi und mir. |
Nilbarsche und athletische Tigerfische vor allem an der Fliegenrute,
war unser Ziel. Die Tipps dafür hatten wir von Joachim Volz aus Bietigheim
bekommen: Große voluminöse Fliegen, kopflastig und Amnesia
als Vorfachmaterial wegen der scharfkantigen Steine, hatte er uns seine
Erfahrungen vom Vorjahr mit auf den Weg gegeben. Ein guter Rat, denn vom
ersten Tag an fingen wir dicke Barsche und die zähnestarrende Tigerfische.
Die Farben der Muster, so zeigte sich dann, spielen eher eine untergeordnete
Rolle: Hauptsache bunt und glitzernd. Wesentlich wichtiger ist allerdings
die Präsentation und die Führung der Fliegen. Das lernten wir
beim Fischen auf Sicht: Kofplastige Muster, die in den Strip-Pausen deutlich
absackten, wurden von den Barschen sehr viel aggressiver verfolgt, als
austarierte Fliegen, die in einer Ebene schwimmen.
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Und dann ist da noch die Regel: „Der letzte wird der erste
sein„. Mit dieser Strategie können zwei Angler im Team die großen, misstrauischen
Barsche an den Haken locken und sie funktioniert so: An einer Uferkante
mit sich sonnenden Barschen beginnt zunächst nur ein Angler zu fischen,
der zweite steht unmittelbar daneben. Der erste Barsch, der dann die Fliege
(oder Gummifisch oder Wobbler) nimmt, ist meist einer vielen kleineren im
´Reisetaschen`-Format. Sobald solch ein 10-Pfünder gehakt ist, muss der
zweite Angler bereit sein zum Wurf, und er muss sich auf einen ´Überseekoffer`
gefasst machen: Wir erlebten es mehr als einmal, dass ein kleinerer Barsch
im Drill seine großen Brüder aus der Tiefe anlockte. Sie folgten dann dem
kleineren Artgenossen und sammelten gierig alle die Beutefischlein ein,
die der Kleine in Panik ausspuckte. In solch einer Situation legte Willi
seine Fliege neben den von mir gedrillten Barsch und musste nur zwei- dreimal
strippen, bis sie von dem großen Maul eines goldgrün schimmernden 35-Pfünders
inhaliert wurde. |
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Unsere Bilanz an der Fliegenrute - 42 Nilbarsche bis 17 kg,
sowie und 19 Tigerfische bis 4,5 kg – beeindruckte auch Tim Baily, der seit
sieben Jahren Nilbarsch-Safaris auf dem Lake Nasser anbietet. Vor uns habe
noch niemand so intensiv mit der Fliegenrute gefischt und auch noch nicht
so viel gefangen, sagt er zu den sieben Tagen Anfang April. Dass solch ein
Ergebnis durchaus zu toppen ist, bewies dann der Gerätehändler Rudi Heger
aus Traunstein. Er war in der zweiten Aprilwoche am See und fing allein
so viele Nilbarsche, wie wir beide zusammen. |

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Tim Baily erklärt dieses erfolgreiche Fliegenfischen
am letzten Abend auf dem Mutterschiff so: „Wobbler kennen die Barsche
schon, Fliegen kennen sie noch nicht. Außerdem laichen im April die Futterfische
der Barsche, die Tilapia, am Ufer. Und sie ziehen die großen Räuber in Scharen
aus der Weite des Sees in Ufernähe und damit auch in die Reichweite von
Fliegen- und Spinnfischern.„ Nicht unbedingt mehr, aber dafür größere
Fische können beim Angeln vom Ufer aus mit dem Gummifisch erbeutet werden.
Willis Fazit nach einigen Experimenten, bestätigten, was Joachim Volz auch
schon erlebt hatte: „Große Gummi-Würmer in gelb und schwarz und Gummi-Fische
in rot-weiß, sind fängiger als so mancher Wobbler„. |
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Den ultimativen Kämpfer im See, den Vundu-Wels,
bekamen wir allerdings nicht an den Haken. Ob es am Vollmond lag, oder an
den falschen Ankerplätzen, wir wissen es nicht. Joachim Volz konnte
im vergangenen Jahr Ende April beim Nachtfischen zwei der mysteriösen
Tiere landen und ist seitdem voller Respekt für die Welse: Die
Fische wogen 95 und 105 Pfund und was sie an der Angel anstellten war unglaublich.
Die Vundus sind sehr viel stärker als unsere einheimischen Welse und
sie stellen jedes Gerät auf eine harte Probe, sagt Joachim.
Wie groß die Fische mit den langen Barteln werden, weiß niemand
so genau. In den Lehrbüchern ist von 60 kg die Rede, die Fischer auf
dem See wollen dagegen schon 150-Pfünder im Netz gehabt haben. Der
Profi Ralf Kornblum von Andree`s Angelreisen will den Welsen
nun gezielt nachstellen. Und wer weiß, vielleicht zieht es die Waller-Fischer
vom Ebro und anderen Hot Spots nun bald in die nubische Wüste. |
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